Wenn Rebellion hübsch verpackt ist: Rechte Influencerinnen auf Social Media
Eine neue Welle rechter Inhalte breitet sich in Feeds aus, verpackt in Popkultur, Alltagserzählungen und Influencer-Ästhetik. Sie ist oft weiblich codiert, mit sanftem Tonfall und schöner Bildsprache. Und sie erreicht genau die Zielgruppe, die man lange für zu kritisch oder zu aufgeklärt hielt: Jugendliche und junge Erwachsene. Rechte Influencerinnen auf dem Vormarsch.
Was hier passiert, ist keine Randerscheinung mehr – es ist Teil einer gezielten Strategie, die emotionalisiert statt argumentiert, und rechte Ideologie Stück für Stück normalisiert.
Influencer-Kultur als trojanisches Pferd
Junge Menschen wachsen heute mit Social Media auf. Sie sind an persönliche Ansprache, Alltagspostings, Storytelling, Trends und Reels gewöhnt. Genau hier setzen rechte Influencer:innen an.
Sie nutzen dieselben Formate, aber mit einer klaren politischen Agenda.
Die Inhalte wirken auf den ersten Blick harmlos:
• Eine Frau im Dirndl spricht über „Familienwerte“
• Eine junge Mutter warnt vor „Gender-Ideologie“
• Eine junge Frau tanzt zu „Deutschland braucht die AfD„-Beats
• Eine „patriotische Influencerin“ ruft auf zur Rückbesinnung auf Tradition, Heimat, das „wahre Frau-Sein“
Doch in Wahrheit sind diese Formate oft voller antifeministischer, queerfeindlicher, migrationskritischer oder verschwörungsideologischer Botschaften – nur eben verpackt in schönem Licht, ruhiger Sprache und persönlichen Geschichten.
Ästhetik ersetzt Inhalt
Die ästhetische Inszenierung ersetzt in vielen Fällen die argumentative Auseinandersetzung.
Gefühle treten an die Stelle von Fakten.
So wird rechte Ideologie konsumierbar gemacht, ohne dass sie sofort als solche auffällt.
Zentrale Effekte dieser Strategie:
- Emotionalisierung statt Analyse
- Identifikation statt Kritik
- Normalisierung statt Widerspruch
Das macht diese Inhalte besonders gefährlich. Denn sie vermeiden die klassischen Marker von Extremismus. Sie wirken „echt“, „ehrlich“, „nahbar“. Und das senkt die Hemmschwelle, rechten Gedanken zuzuhören – oder ihnen zuzustimmen.
Rechte Influencerinnen: Warum (junge) Frauen im Mittelpunkt stehen
Besonders auffällig: Viele dieser Accounts werden von jungen Frauen betrieben – oder wirken zumindest so.
Rechte Influencerinnen treten auf als „Tradwives“, als „sanfte Rebellinnen“, als tanzender Teen, als „patriotische Mütter“ oder (in KI-generierter Form) als idealisierte junge Frauenfiguren.
Warum das funktioniert:
- Weiblichkeit erzeugt Vertrauensvorschuss.
Frauen gelten gesellschaftlich als weniger bedrohlich, emotional, ehrlich, empathisch. Rechte Inhalte wirken dadurch „menschlicher“. - Attraktive Erscheinung = hohe Reichweite.
Schön inszenierte Inhalte ziehen Aufmerksamkeit auf sich. Das gilt auch für problematische Botschaften. - „Nur meine Meinung“ wirkt harmlos.
Was bei einem rechten Mann als Hass gelten würde, klingt aus dem Mund einer jungen Frau wie eine „ehrliche Sorge“. - Moralisch legitimierter Selbstschutz.
Die Figuren sprechen oft von der „Sorge um Kinder“, der „Liebe zur Heimat“ oder dem „Schutz vor Untergang“. Rechte Positionen werden damit moralisch aufgeladen.
Kulturelle Identität als emotionale Falle
Die Symbolik dieser Inhalte ist bewusst gewählt:
Dirndl, Zöpfe, Kreuzketten, Blumenkränze, Bibelzitate, Tanzbeats.
Rechte Influencerinnen stehen für Vertrautheit, für Tradition, für das, was „erhalten“ werden soll. Und sie aktivieren Identitätsmuster, die tief im kulturellen Gedächtnis verankert sind.
Doch hinter der Kulisse steht oft ein klares Ziel:
Remigrationsfantasien, Antipluralismus, Geschlechterrollenromantik und ein autoritäres Weltbild.
KI-Influencerinnen als digitale Waffen
Ein interessanter Aspekt unter mehreren: Einige dieser Accounts sind KI-generiert. Die Gesichter sind künstlich erschaffen, die Texte von nicht näher bekannten Personen gezielt verfasst.
Was aussieht wie eine Einzelperson, ist in Wirklichkeit Teil eines strategisch gesteuerten Desinformationsapparats.
Diese KI-Figuren:
- wirken makellos
- posten rund um die Uhr
- wiederholen subtile Ideologie
- sind emotional, aber argumentfrei
Was harmlos aussieht, ist psychologisch hochwirksam:
Es erzeugt Nähe, Vertrauen und öffnet die Tür für radikale Ideen.

Was wir verstehen müssen
Rechte Propaganda ist nicht immer laut. Sie ist nicht immer wütend. Sie kommt längst auch in Pastelltönen, mit Filter, Story-Time und Hashtag.
Und genau deshalb ist sie so effektiv.
Was früher der laute Ruf nach der „Festung Europa“ war, ist heute ein TikTok-Video mit Blumenwiese, Tanz und oder und Bibelvers.
Wer heute über politische Bildung spricht, muss diese neue Ästhetik rechter Ideologie erkennen und benennen.
Denn:
Die Inhalte haben sich nicht verändert. Nur ihr Look und ihre Verpackung. Wenn Rebellion hübsch verpackt ist: Rechte Influencerinnen auf Social Media
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